Die DDR ist vor 24 Jahren untergegangen – aber spurlos verschwunden ist sie nicht.
Die DDR ist vor 24 Jahren untergegangen – aber spurlos verschwunden ist sie nicht.
Ob in Supermarktregalen, an Straßenkreuzungen oder in der Alltagssprache – ein wenig DDR findet sich auch in der heutigen Bundesrepublik noch.
Ein A bis Z über Stars aus dem Osten, deutsch-deutsche Missverständnisse und echte Dauerbrenner.
A wie Ampelmännchen: Der Star unter den Relikten der DDR. Freundlich mit Hut und deutlich agiler als die West-Variante weist es seit 1969 den Fußgängern den Weg über Kreuzungen.
Entworfen hat den “Roten Steher” und den “Grünen Geher” der Verkehrspsychologe Karl Peglan.
Die legten nach dem Mauerfall ein erstaunliches Comeback hin – auf Ampeln, aber auch auf T-Shirts Tassen und anderen Souvenirs.
B wie Broiler: Auch das ostdeutsche Grillhähnchen hat es zu einer gewissen Berühmtheit gebracht. Was weniger bekannt ist: Die Wortkreation Broiler ist an das englische “to broil”, grillen, angelehnt. Dessen Wurzeln liegen wiederum im französischen “bruler”, übersetzt brennen oder rösten. Ein echter Dauerbrenner, der Broiler.
C wie Comics: Das DDR-Comic schlechthin war “Mosaik”. Zeichner Hannes Hegen ließ die drei Kobolde Dig, Dag und Digedag von 1955 bis 1975 Abenteuer erleben.
Nach einem Bruch zwischen Hegen und dem FDJ-Verlag des Mosaik kamen die Abrafaxe – und blieben bis heute.
Mosaik erscheint monatlich, nach Angaben des Steinchen für Steinchen Verlags in einer gedruckten Auflage von 105.000 Exemplaren. Zwei Drittel der Abonnenten wohnen im Osten, die restlichen Comics gehen in den Westen.
D wie Defa-Filme: Fernsehen zu Weihnachten ohne “Drei Haselnüsse für Aschenbrödel”? Undenkbar! Neben dem Märchen-Dauerbrenner entstanden in der DDR-Filmfabrik Defa rund 700 Spielfilme, darunter Klassiker wie “Jakob der Lügner” oder “Spur der Steine”.
E wie Eierbecher-Huhn: Der Kult-Eierbecher für den Frühstückstisch. Vor allem Kinder liebten und lieben das Plastikhuhn. Auch heute noch in Souvenirshops oder im Internet zu kaufen.
F wie Freisitz: “Freisitz geöffnet” – ein Schild an Gastronomiebetrieben, das bis heute zu deutsch-deutschen Missverständnissen führt. Der Westdeutsche rätselt, ob ein Jägerhochsitz gemeint sein könnte, …
… der Ostdeutsche denkt an Bier und Frischluft. Ein Blick in den Duden hilft: Ein Freisitz ist ein Biergarten oder eine Terrasse im Grünen.
G wie Grüner Pfeil: Die Ampel zeigt rot, aber Rechtsabbiegen ist trotzdem erlaubt? Möglich macht es der Grüne Pfeil, seit 1994 auch im Westteil der Republik. Hamburg galt mit 360 Schildern mal als Grünpfeilhauptstadt. Doch wegen steigender Unfallraten – die Autofahrer missachten das Anhaltegebot – steht der Grüne Pfeil nun in der Kritik und wird mancherorts wieder abmontiert.
H wie Halloren Kugeln: Sahne- und Kakaocreme umhüllt von Zartbitterschokolade – für viele Süßmäuler sind die Halloren Kugeln unwiderstehlich.
1804 in Halle/Saale gegründet ist Halloren eine der ältesten Schokoladenfabriken Deutschlands. Die Kugeln gibt es seit 1952. Heute werden 180 Millionen Stück jährlich verkauft.
I wie Indianer: Freizeitindianer gab es in der DDR sehr viele. Sie schneiderten sich Lederhosen, zogen sich Mokassins an und trafen sich am Wochenende mit Gleichgesinnten in der Brandenburger Prärie.
Als Oberindianer wurde Schauspieler Gojko Mitic, der “Winnetou des Ostens”, angehimmelt. Inzwischen sind die deutschen Indianer in die Jahre gekommen, und es plagen sie Nachwuchssorgen.
J wie Jägerschnitzel: Die nächste Gelegenheit für deutsch-deutsche Missverständnisse. Lässt Westdeutsche im Osten entgeistert auf eine panierte Jagdwurstscheibe starren. Der Ostdeutsche im Westen ist enttäuscht, wenn er ein gebratenes Stück Fleisch statt des erhofften Lieblingsessens aus Kindertagen vorgesetzt bekommt: …
… Jägerschnitzel – also Jagdwurst – mit Nudeln und Tomatensoße.
K wie Karlsbader Schnitte: Kennt jeder in Deutschland, heißt in Ost und West bloß unterschiedlich. Die Karlsbader Schnitte ist ein Toast Hawaii – Toastbrot, Schinken und Ananas – und das Ganze mit Käse überbacken.
L wie Legende von Paul und Paula: Gefragt nach ihrem Lieblingsfilm, antwortete Bundeskanzlerin Angela Merkel: “Die Legende von Paul und Paula”.
Die Geschichte über die Suche nach Liebe und Glück im DDR-Alltag mit seiner Enge und seinen Konventionen …
… darf sich heute “Kultfilm” nennen. Kam 1973 in die Kinos, entstand bei der Defa.
M wie Mauer: Die Berliner Mauer ist das Symbol der deutsch-deutschen Teilung. Umschloss West-Berlin einst auf 155 Kilometern Länge.
Die Mauer fiel 1989, …
… wurde von “Mauerspechten” zwecks Souvenir-Gewinnung bearbeitet und seit 1990 systematisch abgerissen.
Einzelteile sind heute über die ganze Welt verstreut, in Berlin selbst finden sich nur noch Reste am authentischen Ort.
N wie Nicki: T-Shirt? Sagte in der DDR kein Mensch. Das legere Kleidungsstück war für Groß und Klein ein Nicki. Inzwischen tragen die Menschen hüben wie drüben T-Shirts.
O wie Olsenbande: Egon, Benny und Kjeld, die drei Gauner der Olsenbande, erheiterten über Jahre die DDR-Zuschauer. Seit dem ersten Film im Jahr 1968 waren die drei dänischen Gangster Kult.
Ihr Erkennungsmerkmal: geniale Coups, die am Ende doch immer scheiterten. Die 14 Filme verkörpern viel Improvisationstalent, was die Beliebtheit in der DDR und auch Polen und Ungarn erklären könnte.
P wie Pittieplatsch: Ein kleiner, schwarzer Kobold mit losem Mundwerk – so tritt “Pittieplatsch der Liebe” in der Kindersendung “Sandmännchen” seit 1962 auf. Sagt ständig “Ach, du meine Nase” und hält seine Freunde, die Ente Schnatterinchen und den Hund Moppi, ordentlich auf Trab.
Q wie Qek: Er ist klein, weiß und rundlich: der Wohnwagen “Qek Junior”. Sieht gegen die aktuellen Modelle auf den Campingplätzen zwar etwas mickrig aus, hat aber seine Fans.
Genau wie das “Dübener Ei” (Bild) oder die Faltwohnwagen “Klappfix”.
R wie Russisch: Musste jedes DDR-Schulkind lernen. Von vielen ungeliebt, sind die einst erworbenen Sprachkenntnisse häufig kaum noch vorhanden.
Nur ein Wort, sagt der Schriftsteller Wladimir Kaminer, hat jeder ehemalige Bürger der DDR als Codewort für den Tag X gespeichert: “Dostoprimetschatelnosti” (“Sehenswürdigkeiten”).
S wie Sandmännchen: Was das Ampelmännchen im Straßenverkehr, ist das Sandmännchen im Fernsehen.
Der freundliche Bartträger hatte 1959 im Deutschen Fernsehfunk der DDR seinen ersten Auftritt.
Die westdeutsche Konkurrenz hat er überlebt.
Heute streut das Sandmännchen im Auftrag der ARD den Kindern Schlafsand in die Augen.
T wie Trabant: Auf die zweitaktmotorisierte Pappschachtel auf vier Rädern mussten die DDR-Bürger zehn Jahre und länger warten.
Der erste Trabi wurde 1955 in den Sachsenring-Werken Zwickau hergestellt, der letzte im April 1990. Nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes sind aktuell noch mehr als 32.000 Trabis in Deutschland zugelassen.
V wie Volkssolidarität: Gegründet in der Nachkriegszeit gibt es die Volkssolidarität als großen Sozialverband noch immer.
Rund 43.000 Mitarbeiter und Ehrenamtler betreuen rund 110.000 Menschen in Altenheimen, …
… Kindergärten und anderen Einrichtungen.
W wie Worcester-Sauce: Die korrekte Aussprache (“Wustersauce”) war vielen DDR-Bürgern unbekannt. Sie kippten sich “Wortschestersoße” aufs Würzfleisch. Beliebtes “Mitnahmeobjekt” aus DDR-Gaststätten, obwohl dort häufig bis zur Geschmacklosigkeit verdünnt. Ragout fin mit Worcestersauce steht noch immer auf so mancher Vorspeisenkarte.
X,Y,Z, Zylinder, “Von Anton bis Zylinder – Das Lexikon für Kinder” Das Standard-Nachschlagewerk für Generationen von DDR-Kindern. Wird heute noch verlegt: Mehr als 1450 Stichwörter erklären die Welt. Hat wie alle gedruckten Lexika scharfe Konkurrenz durch Wikipedia & Co. (Text: Friederike Schicht und Birgit Zimmermann, dpa)
Von A bis Z: Was von der DDR übrigblieb
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