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Hamburg – Die Nachspielzeit der Verlängerung lief bereits. Louis van Gaal und Ersatztorwart Tim Krul hüpften nervös an der Mittellinie herum: Der entscheidende Schachzug des Bondscoachs drohte zu platzen. Doch dann endlich rollte der Ball ins Aus, der Schiedsrichter-Assistent hob seine Fahne mit beiden Händen über den Kopf. Im allerletzten Moment, in der Nachspielzeit der Verlängerung, kam Krul für Jasper Cillessen in die Partie. Sekunden später pfiff Schiedsrichter Rawschan Irmatow ab.
Torlos endete das letzte Viertelfinale der WM zwischen den Niederlanden und Costa Rica nach 120 Minuten – das Elfmeterschießen musste die Entscheidung bringen und dort wurde der gerade eingewechselte Tim Krul zum Helden. Der Mann, der noch keine Schweißperle auf der Stirn hatte, machte gegen die völlig ausgepowerten Costa Ricaner den Unterschied, parierte gegen Bryan Ruiz sowie Michael Umaña und führte die “Elftal” ins WM-Halbfinale gegen Argentinien.
“Das ist bizarr. Der Wechsel am Ende war genial. Jeder weiß, dass Tim stark beim Elfmeterhalten ist. Er hat zweimal fantastisch reagiert”, sagte Kapitän Robin van Persie nach dem Erfolg. Dabei sprach die Statistik aus der Premier League nicht unbedingt für den 26-Jährigen Schlussmann von Newcastle United: Nur zwei von 20 Strafstößen parierte er in den vergangenen vier Jahren für die “Magpies”. Vielleicht, weil der 1,93-Meter-Mann aus Den Haag in der Liga nicht derart viel unsportliches Theater vor den Schüssen machte.
Gegen Costa Rica hampelte Krul nicht nur auf der Linie herum. Er ging auch zu den Schützen, betätschelte sie, ließ sich extrem viel Zeit auf dem Weg ins Tor und brachte die ohnehin nervösen und zudem von 120 kräftezehrenden Minuten ausgelaugten Spieler damit immer wieder aus dem Rhythmus. Unsportlich, aber erfolgreich: Die Costa Ricaner Ruiz und Umaña ließen sich von dem Theater derart beeinflussen, dass sie an Krul scheiterten.
“Das ist nicht normal. Auf der Bank war es ganz schlimm, mit ansehen zu müssen, wie wir Chance um Chance vergeben haben. Da sitzt du die ganze Zeit draußen und dann kommst du rein und sollst das Halbfinale retten”, sagte der Matchwinner, der fast mehr Engländer als Niederländer ist: Bereits im Alter von 17 Jahren wagte Krul den Sprung zu Newcastle United, nachdem er bei der U17-Europameisterschaft 2005 einen starken Eindruck im Tor der “Elftal” hinterlassen hatte. Nachdem er einmal nach Schottland und einmal an einen unterklassigen Klub verliehen wurde, wurde er in der Saison 2010/2011 Stammtorwart.
Magath degradierte die eigentliche Nummer Eins
Bei der WM in Brasilien ist Krul zweiter Mann hinter Stammkraft Jasper Cillessen von Ajax Amsterdam und vor Michael Vorm vom Premier-League-Konkurrenten Swansea City. Und Maarten Stekelenburg? Der Stammtorwart der WM 2010 und der EM 2012 erlebte beim FC Fulham eine katastrophale Saison. Im Frühjahr wurde der 31-Jährige von Trainer Felix Magath sogar degradiert und verbrachte den Rest der Spielzeit bis zum Abstieg auf der Ersatzbank. Der Traum von der WM war geplatzt.
Und nun die verrückte Geschichte des Tim Krul, der für den einst unumstrittenen Stekelenburg sicherlich nicht eingewechselt worden wäre: “Ein Kindheitstraum geht in Erfüllung”, sagte der niederländische Held. So ist das eben mit den Träumen.
Elfmeterheld Tim Krul: Gekommen, um zu halten
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