Die Strompreise in Deutschland steigen immer höher – und die Politik findet kein Mittel dagegen. Die hohen Stromrechnungen kosten die Privathaushalte Kaufkraft. Für Unternehmen können sie gar zur Existenzbedrohung werden.
Wenn es um die Preise geht, die Unternehmen in Deutschland für Strom zahlen müssen, schwillt Bertram Brossardt der Hals. Als Chef der bayerischen Wirtschaftsverbände VBW und VBM hat Brossardt sein Ohr stets am Puls der Industrie. Und was er dort mitbekommt, schmeckt ihm überhaupt nicht.
In einer repräsentativen Studie erhob sein Verband vor kurzem die Stimmung in der bayerischen Wirtschaft. Ergebnis: Mit nichts waren die Betriebe so unzufrieden, wie mit der Höhe der Energiekosten. Sie wurde mit 4,0 (Schulnote) bewertet – so schlecht wie kein anderer Standortfaktor.
Eine gezielte Befragung in den Schlüsselindustrien Metall und Elektro fiel noch dramatischer aus: Fast 70 Prozent der Unternehmensvertreter gaben an, dass sich die Energiewende negativ auf ihre Firma auswirke. Ihre Ausgaben für Strom seien allein 2013 im Schnitt um zwölf Prozent gestiegen.
„Die Stromkosten sind in den letzten Jahren explodiert“, wetterte Brossardt. „Die Industriestrompreise müssen mittelfristig auf das Niveau vergleichbarer Industriestaaten sinken, sonst ist der Standort Deutschland ernsthaft gefährdet.“
Vizemeister in Europa
Dass Unternehmen und Wirtschaftsverbände über die Energiekosten klagen, ist zunächst wenig verwunderlich: Sie hoffen, bei der Politik Verbündete für eine Eindämmung der Preise zu finden.
Fakt ist aber auch: Die Strompreise in Deutschland sind extrem hoch. Das zeigt eine Untersuchung der Industrieländerorganisation OECD. Demnach zahlen private Haushalte im Schnitt 26 Cent pro Kilowattstunde – das ist doppelt so viel wie im Nachbarland Frankreich. Nur die Dänen zahlen noch mehr.
Bei den – grundsätzlich günstigeren – Industriestrompreisen ist das Bild ähnlich: Unternehmen zahlen hierzulande im Schnitt 11,57 Cent pro Kilowattstunde und stehen damit auf Rang sechs der 27 untersuchten OECD-Länder. In den USA müssen Industriekunden nur rund 5,3 Cent zahlen, in Norwegen nur knapp 3,60 Cent. EEG-Umlage, Netzentgelte und obendrauf noch Steuern – all das treibt in Deutschland den Preis. Ein knallharter Wettbewerbsnachteil.
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Vertrackte Lage
Das Problem für die deutsche Wirtschaft: Ihr bleibt kaum Zeit, um die hohen Stromkosten durch effizientere Maschinen oder andere Sparmaßnahmen abzufedern. Dafür steigen die Strompreise viel zu schnell.
Nach der Erhebung der OECD schossen die Stromtarife für die Industrie allein zwischen 2002 und 2012 um 125 Prozent nach oben – haben sich also weit mehr als verdoppelt. Für kleinere und mittlere Gewerbebetriebe verteuerte sich der Strom im genannten Zeitraum immerhin um 83 Prozent
EEG-Umlage, Netzentgelte, Steuern - Machen die hohen Strompreise unsere Wirtschaft kaputt?
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