Monday, June 2, 2014

Assad ruft zur Präsidentschaftswahl in Syrien


Assad-Plakate in Damaskus (Bildquelle: REUTERS)


Präsidentschaftswahl in Syrien


Eine Wahl, die keine ist


Syriens Führung um Präsident Assad propagiert Normalität. Doch kann sie nicht verbergen, dass die Präsidentschaftswahl inmitten eines Bürgerkrieges mit mehr als 100.000 Toten und neun Millionen Flüchtlingen stattfindet. Längst nicht überall wird gewählt.


Von Sabine Rossi, ARD-Hörfunkstudio Kairo


In der Innenstadt von Damaskus läuft das Leben scheinbar normal. Die drei Jahre Bürgerkrieg sind nicht auf den ersten Blick ersichtlich. An den Straßenkreuzungen hängen große Transparente, die Wahlwerbung für Präsident Bashar al Assad machen. “Sauwa” – “Gemeinsam” – steht auf den Plakaten, Assads Wahlspruch. An den Straßenlaternen hängen kleinere Tafeln. Sie zeigen die beiden Kandidaten, die gegen Assad antreten: Hassan al Nouri und Maher Hajjar. Beide gehören zur geduldeten Opposition in Syrien. In der sieht Assad keine Gefahr, weil sie Reformen verlangt, nicht seinen Sturz.


Assad ist seit 14 Jahren Präsident in Syrien. Seine zweite Amtszeit läuft Mitte Juli aus. Die Regierung in Damaskus propagiert Normalität: 1.500 Wahllokale und 5.000 Wahlurnen soll es allein in der Hauptstadt Damaskus geben, schreibt die staatliche Nachrichtenagentur SANA. Die Sicherheit im Land sei “optimal” um einen Präsidenten zu wählen, sagt Assads Gegenkandidat Hassan al Nouri im Interview mit dem Staatsfernsehen: “In Aleppo wird die Lage gerade besser, auch in den Vororten von Damaskus. Im Zentrum Syriens ist es perfekt, um eine Wahl abzuhalten. Auch an der Küste ist die Sicherheit gut, und im Süden entspannt sich die Lage.”


Wahl nur in einem Teil Syriens


An der Realität geht das jedoch vorbei. Seit Beginn der friedlichen Demonstrationen in Syrien im Frühjahr 2011 sind nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 100.000 Menschen getötet worden. Rund neun Millionen Syrer sind auf der Flucht. Etwa sechs Millionen von ihnen haben irgendwo im Land Schutz gesucht. Da klingt es fast wie Hohn, wenn die Mitarbeiterin des Informationsministeriums sagt, dass jeder Syrer wählen kann. Er oder sie brauche nur seinen Ausweis im Wahllokal vorzuzeigen und bekomme dann einen Stimmzettel.


Zutreffen wird das fast ausschließlich auf die Syrer, die in den Gebieten unter der Kontrolle der Regierung leben. Regionen im Norden und Nordosten entlang der türkischen und der irakischen Grenze werden hingegen von den Gegnern Assads gehalten. Im Süden sind es Landstriche an der Grenze zu Jordanien, auf den Golanhöhen und im Umland von Damaskus. Zu den Gegnern Assads gehören sogenannte Moderate genauso wie Islamisten. Sie haben inzwischen eigene Strukturen geschaffen. Wahlurnen werden in diesen Gebieten nicht aufgestellt.


Trommeln für die Wahl


Im Staatsfernsehen rufen seit Wochen bekannte prominente Syrer auf, zur Wahl zu gehen. “Wir sind das Volk”, sagt eine junge Schauspielerin, die mit Fernsehserien bekannt wurde. “Die Entscheidung liegt in unseren Händen. Wir müssen wählen. Das ist unser Recht, unsere Pflicht und unsere Verantwortung. Ich bin Syrerin und ich wähle.”


Doch das sehen längst nicht alle Syrer so. Lim, eine junge Studentin aus Damaskus, will auf keinen Fall wählen. Mit Freunden mache sie manchmal Witze über die Wahl, erzählt sie über den Internetdienst Skype: “Jetzt heißt es zum ersten Mal “Präsidentschaftswahl”. Das ist lächerlich. Denn eigentlich haben wir keine Wahl. Es gibt zwar Kandidaten, aber die kennt hier sowieso keiner. Einer heißt Hassan al Nouri, glaube ich, und der andere Hajjar oder so. Ehrlich gesagt, ich habe vorher noch nie von ihnen gehört.”


Syrer im Ausland konnten bereits Ende vergangener Woche ihre Stimme abgeben. Wie der syrische Außenminister mitteilte, stimmten 95 Prozent für Assad.


Stand: 03.06.2014 02:07 Uhr




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