Genau hingucken! Der 4. Spieltag der Fußball-Bundesliga war eine Wundertüte. Das begann schon mit der Abendpartie zum Auftakt, …
Genau hingucken! Der 4. Spieltag der Fußball-Bundesliga war eine Wundertüte. Das begann schon mit der Abendpartie zum Auftakt, …
… bei der Herthas Torwart Thomas Kraft zweimal hinter sich greifen, aber auch zweimal jubeln durfte. Das 2:2 (1:1) in Freiburg war allerdings höchst schmeichelhaft für die Berliner.
Das hatte vor allem mit einem Treffer von Herthas Ronny zu tun, der in der 96. Minute den zweiten Freistoß in die Maschen setzte – obwohl nur vier Minuten Nachspielzeit angezeigt waren.
Das vorherige Foul am Torschützen ließ Schiedsrichter Florian Meyer zunächst ungeahndet, entschied sich dann aber um. “Ich hoffe, dass ich so etwas im Fußball nicht mehr erleben muss”, so SC-Trainer Christian Streich.
“Ich stehe unter Schock und bin wirklich fassungslos”, so Streich, nachdem er seine wohl verrücktesten Minuten im Profi-Fußball erlebt hatte: “Ich bin sprachlos. Was da alles passiert ist, das ist mir unerklärlich. Aber es ist nun mal, wie es ist.”
Freiburgs Präsident Fritz Keller fand auch einen Verantwortlichen: “Die Gesamtleistung des Schiedsrichters stimmte mal wieder nicht.”
Das gleiche Ergebnis gab es auf Schalke, wo sich die Hausherren 2:2 (1:2) von Frankfurt trennten – und sich ebenfalls ein Team vom Schiedsrichter benachteiligt fühlte.
Ein verweigerter Elfmeter für Frankfurt, und dazu bei einer Zwei-Tore-Führung ein Strafstoß für Schalke, der keiner war: “Die beiden Entscheidungen waren katastrophal, da gibt es keine zwei Interpretationen”, ereiferte sich Eintracht-Boss Heribert Bruchhagen.
Slobodan Medojevic war doppelt gestraft: Der Serbe sah nach einem taktischen Foul in der 85. Minute auch noch Gelb-Rot.
Bei Schalke musste Kevin Prince-Boateng ebenfalls mit der Ampelkarte vom Feld, …
… und auch dessen Teamkollege Julian Draxler, der am Boden liegend einfach mal nach oben austrat.
“Ich sage nichts”, murmelte Draxler (l.) und verschwand in die Katakomben der Arena.
An der Roten Karte gab es für Schalkes Sportvorstand Horst Heldt (M.) “nichts zu deuteln”, dennoch verteidigte er den Nationalspieler: “Jule ist noch jung. Er hat kurz vorher das 2:2 gemacht, dann kommt Gelb-Rot für Boateng, da explodiert alles im Körper.”
Trotzdem: Ein guter Start in die Spielzeit sieht anders aus, das weiß auch S04-Coach Jens Keller. Er verantwortet den schlechtesten Saisonauftakt der Königsblauen seit 47 Jahren.
Vier Spiele, und mit dem 0:2 (0:1) drei Niederlagen in Folge – in Stuttgart ist die Lage noch düsterer als im Ruhrgebiet.
“Wer seiner Arbeit nicht gewachsen ist, muss gehen. Sommerpause nicht genutzt – von Aufarbeitung nichts zu sehen”, zeigen die Fans auf Spruchbändern ihren Frust.
Stuttgarts Trainer Armin Veh versuchte trotzdem den Eindruck zu vermitteln, als habe er die Ruhe weg: “Ich lasse mich nicht verrückt machen”, sagte er, “wir haben den vierten Spieltag.” Und mit einem Lächeln ergänzte er: “Ich bin in meinem Leben noch nie abgestiegen – und das bleibt auch so.”
Doch die Offensive seines VfB ist keine, und ohne lassen sich schwer Spiele gewinnen. So steht Stuttgart am Tabellenende.
Neue Hoffnung gibt es indes beim Hamburger SV, der sich nach katastrophalem Start und der Entlassung von Trainer Mirko Slomka gegen die vermeintlich übermächtigen Bayern erstaunlich stabil präsentierte, kein Gegentor zuließ und so einen Punkt ergatterte.
“Zum ersten Mal seit Ewigkeiten sind wir wieder als Team aufgetreten”, sagte Mannschaftskapitän Heiko Westermann, den Jubel der Fans noch im Ohr. “Es war sehr laut, und es war sehr emotional”, berichtete Westermanns Nebenmann Johan Djourou aus der Kabine.
Lewis Holtby fühlte sich hochmotiviert: “Der Trainer hat uns brennend heißgemacht. Jeder hat für den anderen auf dem Platz geackert.” Lob, das den neuen Coach der Norddeutschen fast verlegen machte: …
… “Da bekomme ich ja fast selbst Gänsehaut, wenn die Spieler so etwas sagen”, meinte Josef “Joe” Zinnbauer, der bei aller Zustimmung auch für seinen Vorgänger ein gutes Wort übrig hatte: “Die Jungs haben viele, viele Meter gemacht. Slomka hat das Team fitnessmäßig in einem Top-Zustand hinterlassen.”
Das mussten die Hausherren auch, vor allem um die sichtbar größere individuelle Klasse der Gäste mit Einsatz auszugleichen.
Bayerns Pep Guardiola, der nach dem Seitenwechsel erfolglos eine Offensivkraft nach der anderen einwechselte, bekam einen Vorgeschmack, was ihm, seinem Team, vor allem aber seinen immer noch WM-gezeichneten Stars in den kommenden Wochen und Monaten blühen wird. Bis Weihnachten wird fast durchgehend alle drei bis vier Tage gespielt, eine echte Herausforderung für den FC Bayern. “Wir müssen einfach immer weiterarbeiten. Bis Dezember wird es eine schwere Zeit”, sagte der Spanier und kratzte etwas bekümmert seinen kahlen Kopf.
Durch den Punktverlust herrscht in der Bundesliga nun verkehrte Welt: No-Name-Aufsteiger Paderborn kommt am 5. Spieltag als Tabellenführer zu den Bayern. Manuel Neuer, der mit einem Handspiel an der Mittellinie in der Schlussphase für Aufregung sorgte, gab sich gewarnt: “Wir müssen die Situation und Paderborn ernst nehmen.”
In Ostwestfalen gibt es derzeit so viel Grund zu Jubel wie noch nie. “Die Tabelle kann man ausschneiden. Daraus kann der Fanshop eine schöne Tapete machen”, sagte Paderborns Manager Michael Born zur Spitzenreiter-Position.
Trainer André Breitenreiter sieht in seiner Mannschaft ohnehin den “krassesten Außenseiter der Bundesliga-Geschichte”. “Die Allianz-Arena war für uns eine besondere Motivation in der letzten Saison. Nachdem wir dort gegen 1860 eingelaufen sind, haben wir uns gesagt: Wir kommen wieder, wenn das Stadion rot und voll ist.”
Dass das Duell gegen den FC Bayern ein Spitzenspiel ist, liegt am 2:0 (0:0) gegen Hannover – entschieden durch die Treffer von Elias Kachunga und natürlich …
… Moritz Stoppelkamp. “Ich wusste nicht, dass ich überhaupt soweit schießen kann”, sagte der Mittelfeldspieler nach seinem Rekordtor aus 83 Metern Entfernung. Er übertraf damit die bisherige Bestmarke von Frankfurts Giorgios Tzavellas, der im Jahr 2011 aus 73 Metern eingenetzt hatte.
Paderborn hatte sich mit dem Toreschießen Zeit gelassen, Bremen legte dagegen ohne Zögern los. Die Augsburger Defensive schlief noch, da erzielte U19-Europameister Davie Selke (l.) in der 3. Minute sein erstes Bundesligator überhaupt und zugleich die Führung für Werder.
Allerdings verloren Robin Dutt und seine Mannschaft 2:4 (1:2). Besonders ein Strafstoß für den FCA brachte Dutt auf die Palme: “Der Elfmeter war ein Witz. Sascha Mölders steht einen Meter im Abseits. Er grätscht zum Ball. Da braucht man gar nicht diskutieren, das war nicht passiv”, schimpfte Dutt.
Allerdings musste Dutt einräumen, “dass das nicht unverdient war. Die Chancenverwertung und das Abwehrhalten bei uns waren auch nicht so gut – und dann noch so eine Fehlentscheidung.” Eichin sprach vom “Momentum, das nicht bei uns lag”.
Borussia Dortmund hatte sich trotz langer Verletztenliste in der Champions League gegen Arsenal in Top-Verfassung gezeigt – gegen Mainz 05 aber das Nachsehen und verlor 0:2 (0:0).
Der BVB war zwar feldüberlegen, aber nicht zwingend. Mit dem Verhalten seiner Mannschaft bei den Gegentoren war Dortmunds Trainer Jürgen Klopp überhaupt nicht einverstanden: “Da waren wir in der Birne zu passiv.”
Mainz’ Shinji Okazaki (l.) erzielte in der 66. Minute das erste Tor der Partie.
Direkt danach gab es es Elfmeter für Schwarz-Gelb. Ciro Immobile trat an, …
… und scheiterte, weil Mainz’ Torwart Loris Karius die Ecke ahnte.
“Wir haben schlecht verteidigt. Dazu der verschossene Elfmeter, da kommt alles zusammen. Wir haben hochverdient verloren”, bilanzierte Klopp, …
… und setzt nun auf die Lernfähigkeit seiner Akteure: “Viele Spieler müssen noch lernen, mit der Belastung umzugehen. Wenn du an so einem Tag Schmerzen verspürst, dann machst du einen Schritt weniger.”
Die Bundesliga in Wort und Witz: "Da explodiert alles im Körper"
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