Monday, September 29, 2014

Ostukraine: Blutigste Kämpfe seit Beginn der Waffenruhe


Stand: 29.09.2014 18:51 Uhr


Bei schweren Gefechten zwischen pro-russischen Separatisten und ukrainischen Streitkräften sind in Donezk und anderen Orten im Osten der Ukraine mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Es waren die heftigsten Gefechte seit Beginn der Waffenruhe.


Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Hörfunkstudio Moskau


Bei schweren Gefechten zwischen pro-russischen Separatisten und ukrainischen Streitkräften sind in Donezk und anderen Orten im Osten der Ukraine seit gestern offenbar mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Es waren die heftigsten und blutigsten Feuergefechte seit Beginn der Waffenruhe, die am 5. September in der weißrussischen Hauptstadt Minsk ausgehandelt worden war.


Vor allem der Flughafen der Stadt Donezk habe unter Artilleriebeschuss gestanden, sagte der Sprecher der ukrainischen Streitkräfte, Andrij Lysenko, in seiner täglichen Pressekonferenz. “Gestern haben die Terroristen nach einem Angriff mit Mörsergranaten erneut versucht, den Flughafen zu stürmen”, erklärte er. “In den vergangenen 24 Stunden haben unsere Streitkräfte zwei massive Angriffe abgewehrt. Am Abend wurde einer unserer Panzer, mitsamt der Besatzung getroffen. Danach begann ein heftiges Feuergefecht und unsere Leute haben Verluste hinnehmen müssen.”


Insgesamt seien neun Soldaten im Kampf ums Leben gekommen, so Lysenko, 27 seien verletzt worden. Auch die prorussischen Separatisten erlitten offenbar Verluste. Sie sprachen von fünf toten Kämpfern in ihren Reihen und von acht Verletzten. Ein Fernsehteam hatte in einem Unterstand der Separatisten zusammen mit einigen Kämpfern ausgeharrt, solange der Beschuss von Seiten der ukrainischen Streitkräfte andauerte.


Berüchtigte Freiwilligen-Verbände


“Die ukrainischen Nationalisten und die Regierungstruppen wollen uns besiegen. Aber das schaffen sie nicht”, sagt einer der Separatisten. Mit ukrainischen Nationalisten meint er die Freiwilligen-Verbände, die an der Seite des ukrainischen Militärs im Osten der Ukraine im Einsatz sind. Sie stehen zwar formell unter dem Oberkommando der Streitkräfte, handeln aber offenbar immer wieder auf eigene Faust und nach eigenen Regeln.


Besonders berüchtigt ist das Bataillon AIDAR, zu dem rechtsgerichtete ukrainische Nationalisten gehören, von denen sich einige mit Hakenkreuzen und anderen Nazi-Symbolen schmücken, als Abzeichen auf der Tarnkleidung oder als Tätowierung auf dem Körper. Die Anführer und viele Mitglieder sind bekennende Neonazis und Mitglieder von rechtsextremen Gruppen.


Angeblich weiteres Massengrab entdeckt


Die pro-russischen Separatisten haben heute angeblich weitere Massengräber entdeckt, mit insgesamt, so heißt es, rund 400 Leichen. Die Gräber befänden sich in Gebieten, die zuvor von der ukrainischen Armee und den Freiwilligen-Bataillonen kontrolliert worden waren, sagte der Separatistenführer Andrej Purgin. Eine unabhängige Bestätigung gab es dafür nicht.


Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International untersucht Massengräber oder Sammelgräber mit mehreren Leichen. Der Sprecher von Amnesty in der Ukraine, Bogdan Ovcharuk, verlangte von der ukrainischen Regierung eine Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung. Auch mögliche Menschenrechtsverletzungen durch Freiwilligen-Bataillone wie AIDAR müssten untersucht werden: “Die operieren völlig unabhängig von den Streitkräften. Und sie verstoßen gegen Menschenrechte, wir haben das dokumentiert”, so Ovcharuk. “Aber sie werden überhaupt nicht strafrechtlich verfolgt. Sie gehen vor wie eine normale Verbrecherbande.”


Wer für die Toten in den inzwischen zahlreichen Sammelgräbern verantwortlich ist, bleibt vorerst unklar und kann nur unter schwierigen Bedingungen aufgeklärt werden. Selbst die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE, die den Hinweisen nachgehen, geraten bei ihrer Arbeit immer wieder unter Beschuß.




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