Der Vater ist tot, der Junge hat ein ganzes Vermögen geerbt – und ist nun, verdammt noch eins, hektisch auf der Suche nach den Unterlagen. Testament, Vorsorgevollmacht, die Kontoauszüge und Kreditverträge, nirgends findet Jendrik Kühn sie in den Aktenschränken seines Elternhauses.
Neue Recht-Sendung in der ARD
Nicht mal an das Passwort für den Rechner seines Vaters kann er sich erinnern. Dabei hat der Manager Volker Kühn dem Sohnemann vor einiger Zeit ausführlich erklärt, wo er wie sämtliche Schriftstücke findet im Fall der Unfälle. Doch der hat das Wissen im Kopf längst beiseite geräumt. Der Tod des Papas sei eben „kein schöner Gedanke“.
Eine Verdrängung, die ungünstig ausgehen kann. Für Kühn Junior war diese Suche im Dokumentenbestand des Seniors gottseidank nur ein Testlauf. Beide sind wohlauf. Aber für die neue Rechts-Sendung in der ARD „Wer hat Recht?“ wollten die beiden ausprobieren, ob sich Jendrik im Notfall zurechtfindet, wenn der Altvordere stirbt. Aber das gelang ihm nicht.
Nutzwertige juristische Verbraucherinformation möchte die Nachfolgesendung des abgelaufenen Formats „Ratgeber Recht“ im Erste liefern, und das Ganze im modernen optischen Gewand. Flott inszeniert führt der Oberjurist in der ARD-Redaktion, Frank Bräutigam, durch die journalistisch frisch und filmisch ansehnlich aufbereitete Sendung. Sonst ist der Mann eher mit sachlichen Aufsagern nach trockenen Verfassungsgerichtsurteilen in den „Tagesthemen“ zu sehen.
Das erste Thema der neuen Show: das Testament
Der Kühn’sche Selbstversuch ist auch ein Versuch, im Bildmedium Fernsehen unterhaltsam aufzuzeigen, welche Dokumente Erben vorweisen müssen. Denn das Thema in der ersten Ausgabe der neuen Rechtsverdreher-Show war: das Testament. Ungut ist ja, dass 75 Prozent aller Deutschen gar keines haben. Und das wirft den Nachkommen womöglich einige Probleme auf. Immerhin werden jährlich 254 Milliarden Euro vererbt in der Bundesrepublik.
Der Modellfamilie Baumann ist gar nicht gut bekommen, dass die 97-jährige Mutter vor ihrem Ableben keinen letzten Willen hinterlassen hat. Bruder und Schwester zerstritten sich bis auf’s Blut über das Haus der Erblasserin. „Ich finde es schlimm, dass sie das nicht geregelt hat“, sagt Dagmar Baumann.
Gelegentlich geht sie sogar ans Grab und schimpft mit ihrer Mama. Doch auch hier weiß Ratgeber Bräutigam eine Empfehlung: eine Mediatorin. Und tatsächlich schafft es die professionelle Vermittlerin Katharina Hellwig bis Ende der Sendung, die beiden verzankten Erben immerhin so weit zu einigen, dass sie das Häuschen gemeinsam veräußern. Wenn sie sich schon nicht mehr in die Augen schauen wollen.
Nebenbei liefert Bräutigam Wissenswertes: Wie teilt sich das Erbe eines Mannes mit Frau und zwei Söhnen? (Die Hälfte für sie, je ein Viertel für die Jungs.) Und wie kann er verhindern, dass seine im Todesfall dann vielleicht bereits greise Gattin das gemeinsame Haus auf die alten Tage verkaufen muss, um einen der anderen Erben auszubezahlen?
(Mit dem „Berliner Testament“, mit dem sich Ehepartner gegenseitig als Alleinerben einsetzen können.) Und er liefert Kurioses: Schriftsteller Heinrich Heine soll sein Erbe an Gattin Mathilde mit der Auflage versehen haben, dass sie nach seinem Ableben wieder heiratet. „Wenigstens einen Mann soll es geben, der meinen Tod bedauert.“
Eine kurzweilige und informative Rechtsangelegenheit, diese Neuauflage der Ratgebersendung. Und bei allem, was Recht ist, folgt die Pilotfolge obendrein einem wichtigen Anliegen: Dreiviertel der Deutschen kurzweilig zu ermutigen, sich um ein unangenehmes Thema zu kümmern – die Folgen des eigenen Todes zu bedenken und beim Notar ein Testament zu hinterlassen. Dort übrigens hätte Kühn Jr. im Zweifel das wichtige Schriftstück seines Vaters gefunden.
TV-Kolumne: "Was ist Recht?" - So schreiben Erblasser das richtige Testament
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